Vergangenheit und Gegenwart

 

Wir können Gedanken auf die Vergangenheit und die Zukunft richten, niemals aber Gefühle. Gefühle spüren wir immer nur im gegenwärtigen Augenblick, im JETZT.

 

D. h. Gedanken, die sich auf die Vergangenheit beziehen (Erinnerungen) oder die auf die Zukunft bzw. bevorstehende Ereignisse (Vorstellungen) gerichtet sind, lösen, sobald wir diese Gedanken an die Vergangenheit oder Zukunft denken, bestimmte Gefühle in uns aus - und zwar IN DEM AUGENBLICK, IN DEM WIR DIE GEDANKEN DENKEN.

 

Wenn jemand z. B. eine "schwere" Kindheit hatte, so ist es nicht mehr wirklich von Bedeutung, dass die Kindheit damals für ihn so schlimm gewesen ist, sondern vielmehr, dass ihn der jetzige Gedanke daran, die jetzige Erinnerung an die schwierige Situation in der Kindheit und die jetzige Bewertung der damaligen Gegebenheiten eben GENAU JETZT so zu schaffen macht.

 

Darin liegt das Gute, weil sich daraus die Möglichkeit ergibt, sich jetzt dem unversorgten Anteil, d. h. sich dem Gefühl, das damals verdrängt worden ist, zu widmen und ihm das Herz öffnen zu können.

 

Mit dieser Aussage soll keineswegs geschmälert oder gar negiert werden, dass möglicherweise in der Vergangenheit Erfahrungen gemacht worden waren, die vielleicht wirklich schlimm waren bzw. die als besonders schlimm erlebt wurden.

 

Es handelt sich vielmehr um eine Veränderung des Blickwinkels auf die Realität, wenn ich mich frage: "Wie fühle ich mich jetzt BEI DEM GEDANKEN / DER ERINNERUNG DARAN, dass dieses und jenes (für mich Schlimme) damals passiert ist."

 

oder:

 

"Wie fühle ich mich jetzt, WENN ICH DARAN DENKE, dass es so und so gewesen ist... / dass Mutter / Vater auf diese Weise mit mir umgegangen ist, dieses oder jenes zu mir gesagt hat usw..."

 

Hilfreich ist vielleicht folgender Vergleich:

 

Angenommen, ich war vor langer Zeit auf einem wirklich miserablen Konzert, das damals über Tonband oder Kassettenrekorder aufgezeichnet wurde.

 

Zu schaffen macht mir nicht mehr das damalige Erlebnis - das ist Vergangenheit. Zu schaffen macht mir, dass diese Aufzeichnung des damaligen Erlebnisses in meinem Bewusstsein wieder und wieder abgespielt wird, weil es damals nicht vollständig verarbeitet werden konnte.

 

An dem Ereignis in der Vergangenheit lässt sich nichts mehr ändern - an dem, wie wir mit der Aufzeichnung umgehen, schon.